Alice Renard: Hunger und Zorn. Roman

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Buchcover Unionsverlag: Renard, Hunger und Zorn

Das Mädchen Isor ist seltsam, „Hunger und Zorn“ prägen sein Verhalten. Isor spricht nicht, lernt nicht, lebt in stummen Gedanken und tobenden Wutausbrüchen. Mit ihrer haltlosen Impulsivität und Unruhe treibt sie ihre Eltern in die Verzweiflung.

„Ich war nicht dafür gemacht, der Vater eines solchen Kindes zu sein“, stellt der Vater fest. „In deinen Zöpfen finden sich im Frühling immer unerwartete Dinge“, denkt die Mutter. Im Wechsel erzählen sie, wie es ihnen mit ihrer Tochter Isor geht. Keine ärztliche Diagnose kann erfassen, wie man den Zugang zu ihr findet. Nur das steht fest: „Sie will nicht. Aber sie könnte.“ Die Familie isoliert sich, die Eltern fühlen sich in einer Blase der Selbstaufopferung gefangen.

Doch eines Tages, Isor ist bereits 13 Jahre alt, bitten sie den alten Nachbarn Lucien um Hilfe. Im Haus ist ein Wasserschaden, der Klempner kommt. Die Eltern müssen zur Arbeit und Lucien soll auf Isor aufpassen. Eine ganz besondere Freundschaft entsteht. Als Lucien einen Schlaganfall erleidet, holt Isor Hilfe. Dann verschwindet sie.

Die junge Autorin Alice Renard erzählt in „Hunger und Zorn“ die Sichtweisen der Personen in Gegenschnitten. Das ist multiperspektivisch und spannend. Einiges an Isors Geschichte bleibt mysteriös – zum Beispiel, wie sie es schafft, Briefe an ihre Eltern zu schreiben, ohne jemals eine Schule besucht zu haben. Ich habe mit den verzweifelten Eltern mitgefühlt und mich über die herzliche Verbindung zu dem geduldigen Rentner Lucien gefreut.

Fazit:

Das ist ein eindrucksvoller Roman über einen Menschen, der ganz anders ist als der Mainstream: Wütend und schonungslos, gefühlvoll und herzlich zugleich!

Alice Renard: Hunger und Zorn. Roman
Aus dem Französischen von Katharina Meyer und Lena Müller.

Unionsverlag 2025, Hardcover, 160 Seiten, 22,00 €
ISBN: 978-3-293-00627-0

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