
„Die Tänzerin“ ist der neueste Roman des französischen Erfolgsautors Patrick Modiano. Die namenlose Ballerina trainiert mit eiserner Disziplin, sie schwebt durch die Erinnerungen des Erzählers im Paris der frühen 1970er Jahre. Stets ist es Herbst oder Winter, es herrscht Dunkelheit oder fahles Licht – wie in einem längst vergangenen Traum.
Es ist der 8. Januar 2023 in Paris. Die Stadt atmet nach der Covid-Pandemie auf, die Touristen rollen mit ihren Koffern wieder durch die Stadt. Der Erzähler fühlt sich fremd. Eine flüchtige Begegnung mit einem alten Bekannten – ist er es wirklich? – ist der Rahmen für die Erzählung und die Erinnerung, die in das Paris Anfang der 1970er Jahre führt.
Die Hauptpersonen sind ein verträumter, scheinbar wenig erfolgreicher Chansontexter, eine fleißige, talentierte Ballett-Tänzerin und ihr schüchterner Sohn Pierre, um den sich der Chansontexter immer wieder kümmert. Sind der Texter und die Tänzerin ein Paar? Wünscht der Texter sich das oder lässt er sie lieber diffus durch seine Erinnerungen gleiten? Das bleibt, so wie vieles in diesem schmalen Roman, unbestimmt.
Patrick Modiano lässt mit der „Tänzerin“ wieder das Paris vergangener Zeiten aufleben; bewährte Elemente sind die diffuse Erinnerung, gemischt mit charismatischen Gestalten, unklaren Beziehungen und verblassten Orten.
Der Maestro der Tänzerin ist jedenfalls eine historische Person: Boris Kniaseff (1900 – 1975, russischer Ballettmeister, Choreograf und Erfinder eines Bodentrainings für Tänzer). Geübt wird im renommierten Pariser Studio Wacker in der Rue de Douai 69, welches bis 1975 tatsächlich existiert hat.
Fazit:
Der Tanz ist, laut Kniaseff und der Tänzerin, eine Disziplin, die Ordnung in die Dinge bringt und hilft, zu überleben. Das ist überzeugend! Insofern war es eine Freude für mich, „Die Tänzerin“ zu lesen und ihre Spuren in Paris zu verfolgen.
Patrick Modiano: Die Tänzerin. Roman. Aus dem Französischen von Elisabeth Edl.
Hanser 2025, Hardcover, 96 Seiten, 20,00 €
ISBN: 978-3-446-28146-2