
Robert Louis Stevensons Bericht „Reise mit einer Eselin durch die Cevennen“ von 1879 ist ein Klassiker der Reiseliteratur. Auch heute noch lässt uns Stevensons Reise durch das französische Zentralmassiv träumen: von rauer Natur, vom weiten Sternenhimmel und spektakulären Sonnenaufgängen und auch von flauschigen Eselsohren. Jetzt hat der Unionsverlag die „Reise mit einer Eselin durch die Cevennen“ neu aufgelegt, mit einem Vorwort von Ilija Trojanow.
Im Spätsommer 1878 hielt Robert Louis Stevenson sich in Zentralfrankreich auf. Er hatte Liebeskummer, wusste nicht, ob er seine Geliebte wiedersehen würde. In Le Monastier bei Le Puy verbrachte er zunächst einen Monat. Er zeichnete die Landschaft und beobachtete die Leute: „Le Monastier ist berühmt für Spitzenherstellung, Trunkenheit, sprachlichen Eigensinn und einzigartige politische Zwietracht“.
Dann lässt er sich einen Schlafsack nähen und kümmert sich um seinen Proviant, der vor allem aus Schokolade, Fleischwurst und Brot besteht. Mit dem Kauf der kleinen grauen Eselin Modestine hat er dann auch ein Lastentier und eine Reisegefährtin bei sich. So zieht er los, 12 Tage lang und über 200 Kilometer durch die Cevennen bis nach Alais. Dass Modestine ihren eigenen Kopf hat, bemerkt er schnell.
Stevenson reist um des Reisens willen. Er stammt aus Edinburgh; im Jahr 1878 ist er 28 Jahre alt und hat beschlossen, von Beruf Schriftsteller zu sein. Das hat in seiner Familie, in der alle Männer Ingenieure sind und Leuchttürme an Schottlands Küsten bauen, für Aufregung gesorgt.
Dennoch hat er sich nicht von seinen Wegen abbringen lassen. Er will sich den Überraschungen und Geheimnissen des Fremden aussetzen. So schildert er mit unverstelltem Blick die Landschaft und die Menschen, denen er begegnet. Auch die Religion spielt eine Rolle, zum Beispiel bei seinem Aufenthalt im Trappistenkloster oder unterwegs im Land der Kamisarden.
Dank des Vorwortes von Ilija Trojanow und der Anmerkungen lassen sich Stevensons Beobachtungen samt ihrer kulturellen und politischen Bezüge genüsslich lesen.
Im Jahr 1879 ist Stevensons Reisebericht erstmals in London publiziert worden. Sein Weg durch die Cevennen ist heute der Wanderweg GR 37, auch „Stevenson-Weg“ genannt. Ganz so einsam ist man mittlerweile dort nicht mehr unterwegs. Aber eine Eselin oder einen Esel haben die wahren Stevenson-Fans auch heute noch dabei.
Fazit:
Ein Klassiker, der schön zu lesen ist. Auch die Ausstattung der neuen Ausgabe ist ansprechend: Sie zeigt historische Karten der Reiseroute, Stevensons Zeichnungen von Le Monastier und einen Holzschnitt von Walter Crane aus der Londoner Erstausgabe.
R. L. Stevenson: Reise mit einer Eselin durch die Cevennen. Mit einem Vorwort von Ilija Trojanow. Aus dem Englischen von Ilija Trojanow und Susann Urban
Unionsverlag 2025, Hardcover, 208 Seiten, 20,00 €
ISBN: 978-3-293-00630-0
Weitere Informationen zu R. L. Stevenson und dem Wanderweg GR 37:
https://www.chemin-stevenson.org/
https://www.rlstevenson-europe.org/de/unsere-gebiete/der-stevenson-weg-in-den-cevennen/
