besancon fontaine des carmes

Besançon: Denkmal-Entdeckungen in der Boucle

Boucle (Schleife) heißt gemeinhin die Altstadt von Besançon. Sie wird nämlich vom Fluss Doubs in einer Schleife umflossen. Es lohnt sich, in diesem Häusermeer auf die Details zu achten. Entdecke Denkmäler und andere steinerne Figuren: Sie wirken, wie in anderen Städten, so auch in Besançon, triumphierend, erinnernd, mahnend, drohend, spöttisch oder beiläufig – je nach der Intention der Bildhauer oder der Auftraggeber.

besancon porte noire
Die Porte Noire, ein Triumphtor aus der römischen Zeit Besançons, überspannt die Straße vor der Kathedrale. | Foto: Hermann Lehna

Die Brunnen

Eine Besonderheit in der Boucle ist die Vielzahl von öffentlichen Brunnen, die z. T. mit einer architektonischen Rahmung vor die dahinter stehende Hauswand gesetzt sind.

Der Brunnen des Flusses Doubs, Fontaine du Doubs, an der Ecke Rue Mégevand – Rue Ronchaux, ist einer davon. Seine überlebensgroße Neptun-Skulptur stellt den Doubs dar (Bildhauer Jacques Perrette, 1751).

besancon fontaine doubs
Rue Mégevand – Rue Ronchaux, Fontaine du Doubs | Foto: Britta Lehna

In der Grande Rue 88 thront am ältesten erhaltenen Innenstadtbrunnen ein zweiter Neptun. Dieser reitet auf einem Delphin. Der Brunnen ist die Fontaine des Carmes, benannt nach dem angrenzenden ehem. Karmeliterkloster. An dessen Kirche schloss sich die Begräbniskapelle der mächtigen Adelsfamilie Granvelle an. Deren Wohnsitz, der prächtige Palais Granvelle – heute Sitz des Musée du Temps, befindet sich ein paar Schritte die Grande Rue aufwärts.

besancon fontaine carmes
Grande Rue 88: Fontaine des Carmes. Die Statue des Neptun wurde von Claude Lullier um 1564 geschaffen und soll Züge des spanischen, berühmt-berüchtigten Herzogs von Alba tragen. Der Brunnen ist auch auf dem Beitragsbild ganz oben abgebildet. | Foto: Hermann Lehna
besancon place granvelle fontaine wallace
In der Parkanlage Place Granvelle: eine Fontaine Wallace. Im Hintergrund angeschnitten: Das Victor-Hugo-Monument mit der Statue des Dichters. | Foto: Hermann Lehna

Für die durstigen Passanten findet sich auf der hinter dem Palast liegenden Place Granvelle eine Fontaine Wallace, ganz wie in Paris oder anderen Städten in Frankreich. Sie wurde hier 1884 aufgestellt.

Diane

Der Square Saint-Amour mit seinen großen Bäumen ist eine zauberhafte Grünanlage in der Boucle. Die Anlage ist im 19. Jahrhundert entstanden. Hier wacht die Göttin Diana auf einer gedrungenen Säule über ihren Brunnen und den Platz . Die Figur ist eine gusseiserne Kopie der antiken marmornen Statue Diane de Gabies, die im berühmten Karyatidensaal des Louvre (Sully Salle 348) zusammen mit vielen anderen Skulpturen ausgestellt ist.

besancon square st. amour
Der Square Saint-Amour im Zentrum von Besançon | Foto: Hermann Lehna
besancon square st. amour diane
Diana: Antike trifft 19. Jahrhundert und Gegenwart. | Foto: Hermann Lehna

Auch andernorts in Frankreich sieht man diese Replik. Es muss im 19. Jahrhundert eine große Begeisterung für die 1792 in Gabii bei Rom ausgegrabene Statue gegeben haben (z. B. St.-Bonnet-le-Château, Departement Loire).

Die zwei Victor Hugo

Auf der Place Granvelle hinter der Fontaine Wallace (s. o.) wird schon das erste Denkmal für Victor Hugo sichtbar. Der Bildhauer Just Becquet schuf die antikisierende Denkmalfigur 1902 aus Anlass des einhundertjährigen Geburtstags des Dichters.

besancon place granvelle v. hugo
Place Granvelle: Aufschauen zu Victor Hugo | Foto: Hermann Lehna

Auf dem imposanten Denkmalsockel kann man in Stein gemeißelt die Verse lesen, in denen Victor Hugo von sich selbst als Kind der „alten spanischen Stadt“ Besançon spricht: dans Besançon, vieille ville espagnole, … naquît … un enfant.

besancon place granvelle v. hugo texte
Einige Verse aus Victor Hugos „Les feuilles d’automne“, in denen er von Napoleon, seiner Geburtsstadt Besançon und von sich selbst spricht. | Foto: Hermann Lehna

Victor Hugo wurde am 26.2.1802 in Besançon geboren. Sein Geburtshaus, Grande Rue 140, nicht weit entfernt von der Place Granvelle, ist seit 2013 Gedenkstätte.

Das zweite Denkmal zu Ehren von Victor Hugo, diesmal nicht auf hohem Sockel sondern als Standfigur auf Augenhöhe des Betrachters, befindet sich auf dem Platz vor der Stadtverwaltung (Mairie, Rue Mégevand 2, Esplanade des Droits de l’Homme). Es wurde im Jahr 2003 geschaffen vom senegalesischen Bildhauer Ousmane Sow.

besancon v. hugo ousmane plaque
„Ich verurteile die Sklaverei … ich hasse den Hass“: Hugo-Zitate auf der Denkmal-Tafel bei der Mairie | Foto: Hermann Lehna

Weitere Denkmäler

besancon freres lumiere
Hier (Place Victor-Hugo 1) sind die Erfinder Auguste und Louis Lumière geboren. | Foto: Hermann Lehna

Den Brüdern Auguste und Louis Lumière ist an ihrem Geburtshaus (Place Victor-Hugo 1) ein Gedenkrelief gewidmet. Sie waren Foto- und Filmpioniere. „Am 28. Dezember 1895 fand im Grand Café am Boulevard des Capucines in Paris die erste öffentliche Filmvorführung Frankreichs vor zahlendem Publikum statt, in der Angestellte der Brüder Lumière mit dem Cinématographe zehn selbstgedrehte Kurzfilme zeigten, darunter (…) Der begossene Gärtner.“ (https://de.wikipedia.org/wiki/Br%C3%Bcder_Lumi%C3%A8re, 10.08.2025)

Das Mémorial aux fusillés de la citadelle ist ein Mahnmal aus dem Jahre 1952, das die dunkle Zeit der deutschen Besatzung Besançons im 2. Weltkrieg in Erinnerung ruft. Es befindet sich hinter der Kathedrale am Aufgang zur Zitadelle. Etwa einhundert Résistancekämpfer sind von 1941 bis 1944 nach Verurteilung durch das deutsche Militärgericht auf der Zitadelle erschossen worden.

besancon memorial fusilles
Hinter der Kathedrale St. Jean: Mémorial aux fusillés de la Citadelle | Foto: Hermann Lehna

Die Charité (Nächstenliebe) auf dem Portal des Hôpital du St.-Esprit, eines ehemaligen Krankenhauses, Rue Claude Goudimel, Straßenbahnhaltestelle „Révolution“, Nähe Place de la Révolution:
Diese allegorische Figurengruppe von Jacques Perrette (s. o. Fontaine du Doubs) aus dem Jahr 1740 zeigt eine Frau mit zwei Kleinkindern auf dem Schoß. Um sie tollen drei weitere Kinder herum …

besancon rue goudimel charite
„Charité“ in der Rue Claude Goudimel unweit von der Place de la Révolution | Foto: Hermann Lehna

Wenige Schritte weiter …

… am Hauptportal des ehem. städtischen Kornspeichers begrüßen dich allegorische Gestalten mit Früchtekörben und Getreidebüscheln. Dieses Gebäude aus dem 18. Jahrhundert diente später auch als Uhrmacherschule, Kunstakademie und Musikkonservatorium (Place de la Révolution).

besancon grenier conservatoire
Zwei frühere Nutzungen des großen Gebäudes an der Place de la Révolution werden am Portal sichtbar: Getreidespeicher (Reliefs an den Türflügeln) und Musikkonservatorium (Schrifttafel über dem Bogen). | Foto: Hermann Lehna

Kleine Bildwerke

Entdecke im Stadtraum die unauffälligen Bildwerke, die keine Denkmäler im Sinne von Erinnerungsmalen sind:

  • z. B. am alten Justizpalast hinter dem Hôtel de Ville (Rue Hugues Sambin)
  • oder in der Rue Ernest-Renan 20, einem Gebäude im Kern aus dem 16. Jahrhundert.
besancon am palais de justice
… am alten Justizpalast
besancon rue e. renan tete
… in der Rue Ernest-Renan 20: Sie werfen Blicke von der Fassade herunter. | Fotos: Hermann Lehna

Eine Fensterbrüstung in der Rue Ernest-Renan 4 ist ein Sonderfall. Sie zeigt sozusagen als Kurzformel eine biblische Geschichte. Denn auf ihr ist geradezu beiläufig das Schweißtuch der Veronika dargestellt – ein Abbild Christi.

besancon rue e. renan suaire
Im Vorbeigehen nach dem Besuch der benachbarten Maison Victor Hugo schnell übersehen: Rue Ernest Renan 4 | Foto: Hermann Lehna

Dies ist an dieser Stelle unweit von der Kathedrale St. Jean sicher ein Reflex auf die frühere dortige Verehrung des Grabtuchs Jesu.

Zum Vergleich: Veronika mit dem Schweißtuch. Ein Kupferstich des Renaissancekünstlers Marcantonio Raimondi, aufbewahrt im Louvre.

marcantonio raimondi veronika schweisstuch
Marcantonio Raimondi: Veronika mit dem Schweißtuch Jesu | Foto: RMN-Grand Palais (Paris, Louvre)

nach oben △

Nach oben scrollen