Alexander Kamber: Nachtblaue Blumen. Roman

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Buchcover Limmat: Kamber, Nachtblaue Blumen

„Nachtblaue Blumen“ ist ein Roman über eine erfundene Krankheit namens „Hysterie“. Autor Alexander Kamber erklärt in einer „Anmerkung des Herausgebers“, dass das Manuskript dieses Romans „in der persönlichen Bibliothek des berühmten Neurologen Jean-Martin Charcot gefunden“ wurde und in der Sorbonne aufbewahrt wird. So ist der historische Rahmen gesetzt für die (vom Autor verfassten) Aufzeichnungen einer jungen Tänzerin aus der Nervenheilanstalt Salpêtrière in Paris um 1890.

Die Tänzerin hörte nämlich plötzlich auf zu tanzen und trat von der Bühne eines kleinen Cabarets ab. Grund genug für ihren Patron, sie einweisen zu lassen. So sollte sie zur Vernunft kommen und gefügig sein. Schließlich hatte er sie ja aus dem Waisenhaus aufgelesen. Die Tänzerin trifft auf einige junge Frauen, die ebenfalls nicht gefügig waren, sich nicht betatschen lassen oder prostituieren wollten. Die Diagnose „Hysterie“ ist in der Belle Époque ein beliebter Grund, Frauen in die Psychiatrie abzuschieben.

Tagebuch aus der Salpêtrière

In Alexander Kambers „Nachtblaue Blumen“ darf die Protagonistin Tagebuch schreiben. So erfahren wir, wie es zugeht in der Salpêtrière in jener Zeit, bei den Göttern in Weiß. Dazu gehören auch die berühmten Lehrstunden vor internationalem Publikum. Dabei werden junge, angeblich hysterische Frauen vorgeführt im „Zustand der Katalepsie“. Die Patientinnen bewegen sich unkontrolliert, verdrehen die Augen, brechen vor der Zuschauerschaft zusammen. Liegt es an den Medikamenten, die sie einnehmen müssen, an der Hypnose oder einfach an der Lust, zu schauspielern? Denn die Lehrstunden finden vor einer Filmkamera statt, das ist etwas ganz Neues um 1890.

Mit der Kleptomanin Cléo freundet sich die Tänzerin an. Cléo arbeitete bei einem Magier, der Automaten herstellte und plötzlich verschwand. Seine Konstruktionen wurden von einem Räderwerk im Inneren angetrieben und mussten perfekt funktionieren, um das zahlende Publikum zu überzeugen. Auch Cléo und die Tänzerin haben perfekt zu funktionieren. Die Behandlungen, die sie durch die Ärzte erfahren, führen zu immer stärkerer Abhängigkeit und Unselbständigkeit. Gelingt es, die Salpêtrière zu verlassen?

Fazit:

Ein kurzer, intensiver Roman mit feinem Humor! Die Zeit um 1890 ist sehr spannend: In der Medizin, in der Psychiatrie und auch in der Technik sind so viele Umbrüche geschehen. Das alles lässt Alexander Kamber aufblitzen.

Alexander Kamber: Nachtblaue Blumen. Roman

Limmat 2024, Broschur, gebunden mit Schutzumschlag, 128 Seiten, 26,00 €
ISBN: 978-3-03926-074-4

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