Die „Geschichten der Nacht“ erweisen sich als Thriller in der französischen Provinz: In einem Weiler wohnen vier Personen. Marion will ihren 40. Geburtstag feiern. Doch dann treffen ungebetene Gäste ein. Lebensgeschichten werden demaskiert, Gefangene genommen, Schüsse fallen – Spannung bis zum letzten Wort!
Mitten in der France profonde liegt der Weiler „L‘Ecart des Trois Filles Seules“, der Winkel der drei einsamen Mädchen. Hier gibt es drei Häuser und landwirtschaftliche Gebäude. In einem Haus wohnen der Bauer Patrice Bergogne mit seiner Frau Marion und seiner zehnjährigen Tochter Ida. Gleich daneben lebt die Malerin Christine, zurückgezogen vom Trubel des Kunstbetriebes. Das dritte Haus steht zum Verkauf.
Es ist keine Idylle: Christine erhält neuerdings anonyme Drohbriefe, die ihr unter der Haustür zugeschoben werden. Patrice fährt sie zur Gendarmerie, aber dort kann man auch nichts ausrichten. Christine arbeitet weiter an einem beängstigenden Bild einer roten Frau, mittags bekommt sie Besuch von Ida. Ida malt Bilder für ihre Mutter Marion, die am nächsten Tag 40. Jahre alt wird. Das soll gefeiert werden!
Langsam und sprachgewaltig wird das Leben der Bewohner des Weilers beschrieben. Erste Risse tun sich auf. Patrice plagt sich als Landwirt ab, er hat Geldsorgen und schlaflose Nächte. Als einziger von drei Brüdern wollte er den Hof weiterführen. Lange blieb er ohne Frau, bis er im Internet die schöne Marion kennenlernte. Dann kam Ida zur Welt.
Jeden Abend, nach einem raschen Abendessen mit Tiefkühlprodukten, bringt Marion Ida zu Bett und liest ihr Märchen vor, die ziemlich gruselig sein können: „Geschichten der Nacht“. Marion arbeitet in einer Druckerei, sie kommt nicht gerne nach Hause, geht lieber mit ihren Kolleginnen aus. Glücklich erscheint das Familienleben der Bergognes nicht.
Doch zum Feiern kommen alle zusammen. Schnell trübt sich die seltene Eintracht, als drei fremde Männer auf dem Hof auftauchen. Was als geselliger Abend geplant war, entwickelt sich zu einer Nacht des Schreckens und eine Spirale der Gewalt setzt sich in Gang.
Fazit:
„Die Geschichten der Nacht“ sind ein Psychodrama, ein raffinierter Thriller mit starker Sogwirkung – ein Meisterstück von Laurent Mauvignier, der gerne die ländliche Idylle bricht (so auch in seinem Roman „Von Menschen“).
Laurent Mauvignier: Geschichten der Nacht. Roman. Aus dem Französischen von Claudia Kalscheuer
Matthes & Seitz 2023, gebunden, 510 Seiten, 28,00 €
ISBN: 978-3-7518-0939-9