
Eine Autorin erhält eine Einladung zum zehnten Literaturfestival in Montauban, im November 2015. Obwohl sie Begegnungen mit ihren Leserinnen und Lesern nicht mag, sagt sie zu. Sie begibt sich auf den Weg von ihrer Pariser Wohnung zum Bahnhof Montparnasse. Und schon sitzt sie im TGV in der ersten Klasse, hängt ihren Beobachtungen und Gedanken nach. So entstehen kleine surreale Geschichten, eine Zugreise durch die Literatur.
Die Landschaft zieht vorbei. Eigentlich müsste die Autorin ihre Lesung vorbereiten, doch immer wieder richtet sich ihre Aufmerksamkeit auf andere Themen. Soll man, wenn man nicht so redefreudig ist, erst ab 15 Uhr mit dem Sprechen beginnen? Unverhofft tauchen auch Familiendramen aus der Erinnerung auf, wenn der Zug irgendwo hält, wo sich das Leben gegabelt hat. Soll sie einfach in Bordeaux aussteigen?
Im TGV trifft die Autorin ihre Schriftsteller-Kollegin Brigitte, die ebenfalls zum Festival unterwegs ist, aber glücklicherweise in einem anderen Waggon sitzt. Dafür nehmen verschiedene Schriftsteller imaginär Platz – solche, die es wirklich gibt oder gegeben hat und solche, die erfunden sind.
Eine besondere Rolle spielt der real existierende spanische Schriftsteller Enrique Vila-Matas, dessen Bücher die Autorin liebt. Sitzt er ihr etwa gegenüber? Den Hut im Gesicht?
Schließlich wird Montauban erreicht und auch die Lesung ist geschafft, mit Applaus von Vila-Matas. Im Hotel gibt es eine Party, und da taucht sogar (die längst verstorbene) Anna Magnani auf!
Alles in allem ist das eine turbulente Reise und Anne Serre ist froh, als sie endlich wieder zurück in ihrem geliebten Paris ist.
Fazit:
So viel Lust am Erzählen von surrealen Geschichten mit echten und ausgedachten Literaten, so viele komische Verwicklungen! Das ist schön zu lesen, zum Beispiel auf einer Zugreise.
Anne Serre: Einer reist mit. Roman. Aus dem Französischen von Patricia Klobusiczky.
Berenberg Verlag 2025, Halbleinen fadengeheftet, 144 Seiten, 24,00 €
ISBN: 978-3-911327-04-6
