Hier geht es um das Leben von Veuve Clicquot (1777 – 1866), die unbeirrbare Begründerin des berühmten Champagner-Hauses in Reims. Ihr widmet Marie-Luise Wolff einen biografischen Roman: Der abenteuerliche Weg der Barbe-Nicole Clicquot-Ponsardin von der behüteten Tochter zur erfolgreichen Unternehmerin in sehr unruhigen Zeiten.
September 1789, in der heißen Phase der Französischen Revolution mit Sturm auf die Bastille und bäuerlichen Aufständen: Nicole wird von der Schule abgeholt. Aber nicht von der Kutsche wie sonst immer, sondern von der Schneiderin, die im Textilunternehmen der Familie Ponsardin arbeitet. Sie versteckt die 11jährige Nicole so lange, bis der Familie keine unmittelbare Gefahr mehr droht.
Nicole heiratet 1798 François Clicquot, dessen Vater ein kleines Champagnerhaus gegründet hatte. Gemeinsam wollen sie das Champagner-Unternehmen ausbauen. Doch schon im Jahr 1805 stirbt François, und Nicole steht vor einer schweren Entscheidung. Rückzug in eine wohlhabende gesellschaftliche Randexistenz, erneute Heirat (mit alleiniger Entscheidungsgewalt eines Ehemannes) oder ein Leben als Unternehmerin? Die Unbeirrbare entscheidet sich für die letzte Variante. Das ist rechtlich möglich, weil sie Witwe ist und zudem als Winzerin keinem Zunftzwang unterliegt.
Eine andere Frage ist jedoch, ob man sich als Unternehmerin im 19. Jahrhundert in einer von Männern bestimmten Wirtschaftswelt durchsetzen kann. Denn obwohl die Revolution mit Kämpferinnen wie Olympe de Gouges „Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit“ gefordert hatte, für Frauen ändert sich nicht viel. Dazu kommen wilde Zeiten. Frankreich ist unter Napoleon in einem ständigen Kriegszustand, mit Handelsblockaden. Wer hat da schon Geld und Muße für das Luxusgut Champagner? Die Witwe Clicquot ist immer wieder gezwungen, mutige Entscheidungen zu treffen, bevor sie als Grande Dame des Champagners in die Geschichte eingehen kann!
Die Autorin Marie Luise Wolff entwickelt mit „Die Unbeirrbare“ ein unterhaltsames und faktenreiches Sittenbild von Frankreich im frühen 19. Jahrhundert. Kritisch beleuchtet sie Napoleons schillernden Charakter – und was sein unbändiger Machtwille für die Menschen bedeutet hat. Als Leserin hätte ich gerne erfahren, wie die Autorin recherchiert hat. Konnte sie Primärquellen einsehen? Hat das Tagebuch der Witwe, aus dem Wolff zitiert, tatsächlich existiert?
Fazit:
Spannend erzählt, aus der ungewöhnlichen Perspektive einer Unternehmerin zur Zeit der Französischen Revolution und der napoleonischen Kriege. Dazu passt natürlich ein fein perlendes Glas Champagner!
Marie-Luise Wolff: Die Unbeirrbare. Das abenteuerliche Leben der Mme Clicquot.
Edition W 2022, gebundene Ausgabe 352 Seiten, 22,00 Euro
ISBN 978-39 49 671050