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Varengeville-sur-Mer mit Künstlerfriedhof am Meer und Gartenkunst

Varengeville liegt tatsächlich hoch über dem Meeresspiegel nahe der normannischen Steilküste. Im Ort ist das Meer zunächst gar nicht sichtbar, da es hinter Waldstücken und Hügeln verschwindet. Erst plötzlich gerät der Atlantik mitsamt der Steilküste ins Blickfeld, wenn man sich aus dem Dorf in Richtung Steilküste zur Kirche St. Valéry mit dem berühmten FriedhofCimetière marin“ begibt: Dann ist das Panorama atemberaubend.

Varengeville (knapp 1.000 Einwohner) ist eine Streusiedlung; die großen Häuser sind meist von riesigen Gärten mit zahlreichen Bäumen umgeben. Das erweckt den Eindruck, man befinde sich eher in einem lichten Wald als in einer Ortschaft. Ein faszinierender Ort ist Varengeville und ganz schön chic. Drei Werke der Gartenkunst sind hier etabliert. Prächtig ist das Manoir d´Ango, das Landschloss eines erfolgreichen Korsaren.

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Auf dem Friedhof Cimetière marin in Varengeville-sur-Mer. Rechts die Pfarrkirche, im Hintergrund das Meer. | Foto: Hermann Lehna

Cimetière marin mit Kirche, Georges Braque und Albert Roussel

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Kirche von Varengeville: Pfeiler mit figürlichen Reliefs | Fotos: Britta Lehna
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Seejungfrau (Sirene) vom Pfeiler mit den figürlichen Reliefs
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gewundener Pfeiler mit Jakobsmuscheln

Mit Marine oder Seeleuten hat der Name des Friedhofs weniger zu tun, eher mit seiner spektakulären, aber auch gefährdeten Lage 90 Meter oberhalb der Küste mit Blick aufs Meer.

Mitten auf dem Friedhof erhebt sich die romanisch-gotische Pfarrkirche St. Valéry mit sehenswerter Bauplastik aus dem 15./16. Jahrhundert. Innen sind schöne Glasmalereien des 20. Jahrhunderts (u.a. von Georges Braque) zu sehen sowie Gemälde von Michel Ciry.

Zwei berühmte Künstler, die auch in Varengeville gelebt haben, sind auf dem Friedhof bestattet: der Maler Georges Braque (1882-1963) gemeinsam mit seiner Frau Marcelle, sowie der Komponist Albert Roussel (1869-1937; Roussel war Vorbesitzer von Le Vasterival). Beim Braque-Grabmal hebt ein großer Mosaik-Vogel zum Flug an. Braque war zusammen mit Pablo Picasso ab 1907 der Mitbegründer des Kubismus. Seit 1930 bis zu seinem Tod im Jahr 1963 besaß Braque ein Sommerhaus mit Atelier in Varengeville. Viele seiner Arbeiten entstanden dort.

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Die Grabstätte von Georges und Marcelle Braque auf dem Cimetière marin von Varengeville | Fotos: Britta Lehna

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Roussels Grabmal, geschaffen 1930 von Marcel Gaumont, kann man nicht übersehen. Es erhebt sich ein monumentaler Bronzequader mit figürlichen Reliefs, die auf die europäisch-klassisch sowie indisch inspirierten Musikwerke Roussels Bezug nehmen. Die Inschrift lautet:

„C’est en face de la mer que nous finirons nos existences et que nous irons dormir pour entendre encore au loin son éternel murmure …“ (Im Angesicht des Meeres werden wir unser Dasein beenden, werden dort schlafen und in der Ferne sein ewigdauerndes Murmeln hören.“ Albert Roussel).

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Albert Roussels Grabmal auf dem Friedhof von Varengeville | Foto: Hermann Lehna

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Monet in Varengeville

Claude Monet hat mehrere Gemälde mit Ansichten der Kirche von Varengeville und der Steilküste geschaffen. Im Jahre 1882 verbrachte er mit seiner Familie den Sommer im benachbarten Pourville, zunächst im Hotel, dann in der „Villa Juliette“.

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C. Monet: Eglise de Varengeville, 1882. The Barber Institute of Fine Arts – University Birmingham | Foto: The Barber Institute of Fine Arts – University Birmingham, Creative Commons CC BY-NC-ND

Museum mit Werken des Malers Michel Ciry: https://www.museemichelciry.com/

– Ein Zugang zum Strand ist von Varengeville aus nur an wenigen Stellen möglich. –

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Bäume im Seewind über der Steilküste von Varengeville | Foto: Hermann Lehna

Gärten und Parks

Von den vielen Privatgärten und Privatparks sind drei außergewöhnliche für Besucher zugänglich:
Le Vasterival, Le Bois des Moutiers, Jardin Shamrock.

1. Le Vasterival

Eigentlich gehört Le Vasterival zur Gemarkung der angrenzenden Gemeinde Ste-Marguerite-sur-Mer. Wir stellen den Park aber hier unter Varengeville vor, da er dort Garten-Nachbar unter weiteren illustren Garten-Nachbarn ist.

Das Anwesen erwarben im Jahre 1955 Prince Gheorghe Sturdza und Princesse Greta Sturdza (Oslo 1915 – Ste-Marguerite-sur-Mer 2009). Vorbesitzer war der Komponist Albert Roussel. Die „Grande dame du jardin“ Princesse Sturdza, passionierte Gärtnerin (u.a. Vice-president der Royal Horticultural Society), wandelte auf 12 ha ein Waldstück mit ruppigem Unterholz auf saurem Boden in einen vielfältigen Landschaftspark um. Ihre gärtnerischen Prinzipien sind: Sorgfältig anpflanzen, mulchen, den Garten so anlegen, dass er in allen vier Jahreszeiten wirkt, transparenter Gehölzschnitt – taille de transparence.

Le Vasterival
Allée Albert Roussel 346 (Route du Phare d’Ailly)
76119 Ste-Marguerite-sur-Mer
https://vasterival.fr/visites-cours-et-stage/

Garten in Privatbesitz; Besichtigung nur mit Führung

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2. Le Bois des Moutiers
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Varengeville: Bois des Moutiers | Foto: Schorle via Wikimedia Commons CC BY-SA 4.0

Der Park Le Bois des Moutiers in Varengeville ist sowohl aus architektonischer als auch aus gärtnerischer Sicht bemerkenswert.

Im Jahre 1897 kaufen der sehr reiche, kultivierte und anglophile Guillaume Mallet und seine Ehefrau Adélaide dieses Anwesen. Mallet verpflichtet im Jahr darauf den 28-jährigen britischen Architekten Edwin Lutyens, das bestehende Gebäude umzubauen. Was dieser auch gründlich tut, und zwar im Stil der Arts-and-Craft-Bewegung.

Die Gartengestaltung – sieben Gartenräume „chambres vertes“ ums Haus herum – übernimmt die legendäre Gartenfreundin Gertrude Jekyll (1843-1932). Den weitläufigen Landschaftspark gestaltet Guillaume Mallet selbst. Lutyens und Jekyll werden in der Folge ein „Dreamteam“ in Sachen Garten und Architektur. Sie arbeiten bei zahlreichen Projekten zusammen (z.B. Munstead Wood, Orchards, Hestercombe – alle in Großbritannien).

Sir Edwin Landseer Lutyens (1869-1944), den man im heutigen Sprachgebrauch als „Stararchitekt“ bezeichnen würde, wandte sich später einem Neuklassizismus zu. Er war stadtplanerisch und architektonisch zum Beispiel in Neu-Delhi tätig; dort entwarf er den Palast des Vizekönigs, heute Amtssitz des indischen Staatspräsidenten.

Die gesamte Liste der von ihm entworfenen Gebäude und Denkmale in Großbritannien, Irland, Indien, Frankreich, Südafrika, USA ist äußerst umfangreich. Weithin bekannt ist er durch die von ihm designte Lutyens-Gartenbank.

Einen Eindruck von Le Bois des Moutiers bekommt man durch die Bilder-Serie und die Videos auf: Jardinez.com
https://www.jardinez.com/Parcs-Parc-et-Jardins-du-Bois-des-Moutiers_fr_180 (10.09.2022).

Le Bois des Moutiers
Rue de l’Église
76119 Varengeville-sur-Mer
https://www.boisdesmoutiers.com

Das Anwesen, in Privatbesitz, ist zurzeit (Januar 2023) wegen grundlegender Sanierung nicht zu besichtigen.

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3. Garten Shamrock

Der zwei Hektar große Garten Shamrock wurde von Corinne Mallet gegründet. Er bietet eine Fülle an Hortensiengewächsen und gilt als eine der größten Hydrangea-Sammlungen weltweit: Collection nationale d’hydrangéas.

Jardin Shamrock
Route de la Cayenne
76119 Varengeville-sur Mer
https://www.shamrock-varengeville.com/
https://www.varengeville-sur-mer.fr/collection-shamrock/

Manoir d’Ango – das Schloss des Korsaren

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Renaissanceschloss Manoir d’Ango am Ortsrand von Varengeville | Foto: Hermann Lehna

Ein weiteres bedeutendes baugeschichtliches Denkmal in Varengeville befindet sich am südlichen Ortsrand in der Nähe des Jardin Shamrock. Das Manoir d’Ango ist ein Landschloss, das sich der schwerreiche Jean Ango (1480-1551) errichten ließ. Es wurde in den Jahren 1530 bis 1544 in Renaissanceformen erbaut. Außergewöhnliche Teile des Gebäudeensembles sind die Loggia im Innenhof und der Colombier, der Taubenturm.

Mit diesem Schloss unterstrich Jean Ango seine gesellschaftliche Bedeutung. Denn er war Reeder, Händler, Korsar, Freund des französischen Königs Franz I. und Gouverneur von Dieppe.

Der Surrealist André Breton soll während eines Aufenthalts auf Manoir d’Ango im August 1927 Teile seiner autobiografischen Erzählung „Nadja“ verfasst haben. Die Bildtafel 2 in der Ausgabe Collection Folio zeigt das Manoir d’Ango.

Manoir d’Ango
Route de la Cayenne
76119 Varengeville-sur-Mer
http://manoirdango.com/

Das Schloss befindet sich in Privatbesitz und kann besichtigt werden.

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Der Blick von Varengeville in Richtung Dieppe, einmal mit Cimetière marin (an der Friedhofsmauer eine Tafel mit einem Zitat von Georges Braque) …
varengeville blick nach dieppe
… und einmal ohne. In der verdeckten Senke hinter dem Wald liegt Pourville. | Fotos: Hermann Lehna

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