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Brou, das königliche Kloster bei Bourg-en-Bresse

Brou am Stadtrand von Bourg-en-Bresse ist ein außergewöhnliches Ensemble: Die Kirche in Flamboyant-Gotik mit ihren drei Monumental-Grabmälern, das ehemalige Kloster um drei Kreuzgänge herum sowie das Musée de Brou. Im Jahre 1506 begannen die Bauarbeiten am Kloster in Brou, genannt Monastère royal – königliches Kloster, veranlasst von Marguerite d’Autriche (Margarete von Österreich). Anders als zum Beispiel das Kloster Cluny in Burgund ist Brou relativ unbeschadet über die Revolutions- und andere Krisenzeiten gekommen. Ein Besuch lohnt sich!

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Die Kirche von Brou in Bourg-en-Bresse: Blick auf die Hauptfassade, nördliches Seitenschiff und Turm | Foto: Hermann Lehna
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Bourg-en-Bresse: Eingang zum Museum im Kloster Brou. Der Blick geht durch das geöffnete Portal in einen Flügel des ersten Kreuzgangs. | Foto: Hermann Lehna

Eine Kirche als Mausoleum

Versetzen wir uns in das 16. Jahrhundert: Bourg-en-Bresse und damit auch Brou gehört zu den Territorien des Herzogtums Savoyen und kommt erst erst ab 1601 zum Königreich Frankreich. Marguerite d’Autriche gibt 1506 nach dem frühen Tod ihres Gemahls Philibert II die Neuerrichtung von Kloster und Klosterkirche in Auftrag. Der Brüsseler Architekt und Unternehmer Louis van Boghem erbaut von 1513 bis 1532 die Kirche, die dem Augustinerheiligen Nikolaus von Tolentino geweiht wird. Die Konzeption, Bauplastik und Ausstattung der Kirche sind einzigartig und stehen an der Wende von der späten Gotik zur Renaissance. Pointiert und ein wenig pathetisch formuliert Max Rieple: „Dieses Bauwerk war nicht als ein Gotteshaus, sondern als ein grandioses Mausoleum gedacht (…). Sieghaft sollte es sich über dem Grabmal des geliebten Mannes erheben und symbolisch den Tod überwinden.“ *

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Brou: Portal am nördlichen Querhaus mit spätgotischem Ziermaßwerk
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Brou: Feinste Steinmetzarbeiten im Innern wie am Äußeren der Kirche. Am Hauptportal die Initialen Philibert und Marguerite, miteinander verbunden durch ein verschlungenes Seil. | Fotos: Hermann Lehna

Drei fürstliche Grabmäler

Letztlich handelt es sich bei Kloster und Kirche also um eine kostbare Hülle, die drei fürstliche Grabmäler umgibt:

– Das Wandnischengrab von Marguerite de Bourbon († 1483 in Pont d’Ain), der Mutter von Philibert II de Savoie, schmiegt sich in die südliche Chorwand.

– Das Grabmal des Philibert II de Savoie, genannt „le Beau“ († 1504 in Pont d’Ain), Herzog von Savoyen, geliebter Ehemann von Marguerite d’Autriche, im Alter von 24 Jahren verstorben, ist in der Mitte des Chors platziert.

– Das eigene Grabmal von Marguerite d’Autriche († 1530 in Mecheln) mit dem steinernen Baldachin in feinster spätgotischer Spitze erhebt sich zwischen dem Chor und der nördlich gelegenen, reich ausgestatteten Kapelle der Fürstin.

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Brou: Blick von der Kapelle der Marguerite d’Autriche aus, mit Perspektive durch ihr eigenes Grabmal hindurch auf das ihres Mannes Philibert II und auf das ihrer Schwiegermutter Marguerite de Bourbon. | Foto: Frères Neurdein / Reproduction Benjamin Gavaudo / CMN

Entwerfende und ausführende Meister waren Jan van Roome aus Brüssel und der aus Worms stammende Conrad Meit und deren Werkstatt.

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(links) Brou: Am Grabmal der Marguerite de Bourbon die Statuette der heiligen Katharina von Alexandrien, die über einen heidnischen Gelehrten triumphiert. (rechts) Windhündin an der Liegefigur der Marguerite d’Autriche | Fotos: Britta Lehna
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Zeichnung des Grabmals von Philibert II in Brou; Anonym, 18. Jahrhundert, Bourg-en-Bresse, Musée de Brou | Foto: Patrick Cadet / CMN

Die Grabstätten von Marguerite d’Autriche und Philibert zeichnen sich durch die Doppelung der Liegefiguren aus: Jeweils oben auf der Grabtumba liegt eine marmorne Figur des/der Verstorbenen in festlicher Hofkleidung (le gisant), unten die Figur als jugendlicher (!) Leichnam im Grabtuch (le transi).

Marguerite d’Autriche: Kaisertochter und Tante des Kaisers

Marguerite d’Autriche ist eine der außergewöhnlichen Persönlichkeiten der frühen Neuzeit.

In Brüssel geboren (1480), war sie die Tochter von Marie de Bourgogne und dem nachmaligen Kaiser Maximilian I. von Habsburg. Ihre Mutter starb, als Marguerite zwei Jahre alt war. Ihre Biografie nachzuzeichnen, würde zu hier weit führen.

Die Überschrift eines Blog-Artikel fasst treffend zusammen: „Margarete von Österreich – Pech in der Ehe, Glück in der Regierung“ https://www.booksonfire.de/2020/04/28/margarete-von-oesterreich/ (11.07.2023)
Als weitere biographische Notiz kann man heranziehen: „Margarethe (Marguerite), Erzherzogin von Österreich“ https://www.deutsche-biographie.de/sfz58204.html (11.07.2023)

Marguerites Vater, Kaiser Maximilian I., betraute sie 1507 mit der Statthalterschaft der Niederlande. Sie residierte seither in Mecheln (französisch Malines; heute Belgien) im Hof van Savoye. Den ließ sie zu einem Renaissancepalast umbauen und beaufsichtigte die Bautätigkeit in Brou aus der Ferne. Sie kehrte dorthin zu Lebzeiten nicht mehr zurück.

Marguerite war gebildet, besaß eine umfangreiche Bibliothek und liebte und förderte Musik und Kunst. In ihrer Gemäldesammlung befand sich zum Beispiel „Die Arnolfini-Hochzeit“ (1434; heute London, National Gallery) des Jan van Eyck. Albrecht Dürer besuchte „fraw Margareth“ auf seiner Reise in die Niederlande 1520. An ihrem Hof wurden einige Fürstenkinder erzogen, so Anne Boleyn und Marguerites Neffe Karl, der spätere Kaiser Karl V.

Marguerite hat sich eine Devise, ein Lebensmotto, gewählt: FORTUNE INFORTUNE FORT UNE, die in Brou an zahlreichen Stellen der Kirche präsent ist.

Vom Lettner zu den Glasmalereien aus dem 16. Jahrhundert

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Brou. Blick durch den Lettner auf das angestrahlte Grabmal des Philibert II de Savoie | Foto: Britta Lehna

Der Lettner grenzt das Kirchenschiff zum Chorbereich hin ab. Er diente auch als Übergang von dem für Marguerite vorgesehenen Appartement im Obergeschoss des Klosters zu ihrer Privatkapelle neben dem Chor. Hinter dem Lettner folgen das Chorgestühl für die Augustinermönche, dann der Chor mit den drei Grabstätten, schließlich die Apsis mit den bauzeitlichen Fenstern. Sie zeigen Motive aus dem Umkreis der Auferstehung Jesu und Wappen der Genealogie Marguerites und Philiberts.

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Brou: Chorgestühl; eine Drôlerie, ein Mischwesen, auf der Armlehne | Foto: Britta Lehna
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Brou. Die Chorfenster: Wappen, Philibert II de Savoie (links unten) und Marguerite d’Autriche (rechts unten), der auferstandene Christus erscheint Maria und Maria Magdalena (Mitte). | Foto: Britta Lehna

In der Kapelle der Marguerite d’Autriche

In Marguerites Kapelle ziehen zwei außergewöhnliche Werke die Blicke auf sich: Der riesige Altaraufsatz aus Alabaster mit der Darstellung der „Sieben Freuden Mariä“ und das große Glasfenster mit dem Motiv „Mariä Himmelfahrt und Krönung“ (L’Assomption de la Vierge) nach der Vorlage eines Holzschnitts von Albrecht Dürer. Der zentralen Figurengruppe sind in der unteren Fensterzone Marguerite und Philibert als Betende hinzugesellt.

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Brou. Der Altaraufsatz „Die sieben Freuden Mariä“ in der Kapelle der Marguerite d’Autriche | Foto: Britta Lehna
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Das zentrale Motiv „Mariä Himmelfahrt und Krönung“ der großen Glasmalerei in der Kapelle der Marguerite d’Autriche geht auf Albrecht Dürers Holzschnitt von 1510 zurück (Wien, Albertina). | Foto: Wikimedia Commons, gemeinfrei

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Museum Brou

Im Museum sind Exponate vom 16. bis 21. Jahrhundert zu besichtigen. Angefangen mit dem kleinformatigen Porträt der Marguerite d’Autriche in Witwenkleidung, um 1520, von ihrem Hofmaler Bernard van Orley.

Überrascht steht man vor dem sehr großformatigen Gemälde von Gustave Doré: Dante et Virgile dans le neuvième cercle de l’enfer (Dante und Virgil im neunten Kreis der Hölle), 1861. Doré hat in seiner frühen Jugend einige Jahre in Bourg-en-Bresse gewohnt. Er ist vor allem als Illustrator berühmt geworden. Ein kleineres Gemälde im Museum, „La sieste espagnole“, zeigt ihn von einer unbekannteren und unbekümmmerten Seite.

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Gustave Doré, Illustration zu: Der gestiefelte Kater – Le chat botté. Contes de Perrault, 1862; Paris, BNF | Foto: RMN-Grand Palais
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Gustave Doré: La sieste espagnole. Bourg-en-Bresse, Musée de Brou | Foto: RMN-Grand Palais

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Im Außenbereich des Klosters sind sehenswert die im Boden eingelassene Sonnenuhr vor dem Hauptportal der Kirche (ursprünglich im 18. Jahrhundert angelegt) und der Kräutergarten südlich von den Klostergebäuden.

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Brou: Im dritten Kreuzgang des Klosters | Fotos: Hermann Lehna

* Rieple, Max: Goldenes Burgund, 3. Aufl., Bern und Stuttgart , 1967, S. 225

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