Chalon-sur-Saône und die Erfindung der Fotografie

Am Ufer der Saône

Wer sich für Fotografie interessiert, kommt nicht an Joseph Nicéphore Niépce und dem Fotografie-Museum in Chalon-sur-Saône vorbei. Die viertgrößte Stadt der Region Bourgogne-Franche-Comté (gut 45.000 Einwohner) liegt am Ufer der Saône. Hier beginnt auch der Canal du Centre *, der die Saône mit der Loire verbindet. Er wurde im 18. Jahrhundert geplant von dem Ingenieur Emiland Gauthey (siehe unseren Beitrag über die Ortschaft Givry).
Rings um die Kathedrale Saint Vincent erstreckt sich die Altstadt mit vielen Fachwerkhäusern.

Das Fotografie-Museum in Chalon-sur-Saône

Chalon-sur-Saône: Am Quai vor dem Musée Nicéphore Niépce | Foto: Britta Lehna

Am Quai des Messageries befindet sich seit 1972 das Musée Nicéphore Niépce mit seinem mehr als 4 Millionen Fotografien und Artefakten, Kameras und Zubehör. Wir erfahren hier, wie die Fotografie um 1822 ihren Anfang nahm und sich über 200 Jahre entwickelte.

Joseph Nicéphore Niépce – Fotopionier

Niépce (1765 Chalon-sur-Saône -1833 Saint-Loup-de-Varennes) gilt zusammen mit dem Franzosen Louis Daguerre, dem Engländer William Henry Fox Talbot und dem weniger bekannten Franzosen Hippolyte Bayard als einer der Erfinder der Fotografie. Er stammte aus einer wohlhabenden bürgerlichen Familie und widmete sich nach dem Dienst in der Revolutionsarmee seinen Studien und Erfindungen. Es gelang ihm, mit einer Camera Obscura und sehr langer Belichtungszeit auf einer beschichteten Metallplatte ein haltbares Bild zu erzeugen: Es war der Blick aus einem Fenster seines Landgutes Le Gras in Saint-Loup-de-Varennes (ca. 10 km südlich von Chalon).

Dieses Bild „Point de vue du Gras“ von 1826 oder 1827 gilt als erstes Foto der Fotografiegeschichte. Niépce nannt das Verfahren „héliographie“. Die Platte wird heute in der Gernsheim Collection, Harry Ransom Center / The University of Texas at Austin aufbewahrt.

Daguerre und Niépce schlossen 1829 einen Kooperationsvertrag.

Nach dem plötzlichen Tode Niépces im Jahre 1833 arbeitet der findige Daguerre weiter an der Verbesserung der Bild- und Kameratechnik, nennt die Erfindung „Daguerreotypie“, kümmert sich um die Vermarktung und erreicht schließlich 1839 die Veröffentlichung und den Erwerb des Verfahrens durch die französische Regierung – gegen eine Rente für ihn selbst und den Sohn von Nicéphore Niépce.

In Saint-Loup-de-Varennes verkündet eine große Inschrift auf dem wuchtigen Denkmal am Ortsrand: „Dans ce village Nicéphore Niépce inventa la photographie en 1822“ In diesem Dorf erfand N. Niépce 1822 die Fotografie. Im Ort selbst hält das Musée Maison Nicéphore Niépce im ehemaligen Anwesen Niépces die Erinnerung an den Fotografie-Pionier wach.

N. Niépce: Point de vue du Gras, 1836-37 | Foto: Wikimedia Commons, gemeinfrei

Un photographe, um 1855 | Foto: Chalon, Musée Nicéphore Niépce
Musée Nicéphore Niépce, Tafel Werbung für Farbfilme 1960er und -70er Jahre | Foto: Hermann Lehna

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Porträtfotos waren zunächst eine langwierige kostspielige Angelegenheit. Fotostudios nahmen die wenigen Fotos auf, die sich die Menschen in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts leisten konnten. Mit der Zeit wurde das Fotografieren für immer mehr Menschen erschwinglich. Dicke Alben mit Urlaubsfotos und lange Dia-Abende waren ab den 1970er Jahren die Folge.

Heute sind Selfies und Schnappschüsse mit dem Smartphone Massenware in unserem Leben geworden. Dabei ist Fotografie auch immer eine Kunstform geblieben. Das Musée Nicéphore Niépce bietet wechselnde Fotografie-Ausstellungen, die das Programm bereichern. Das alles ist toll präsentiert – unbedingt empfehlenswert! Interessant ist auch das Stöbern in der Online-Sammlung des Museums, die der Allgemeinheit 20.000 gemeinfreie Fotos kostenlos zur Verfügung stellt: https://www.open-museeniepce.com/accueil

Wir haben das Museum an einem Montag besucht. Achtung: Am Montag sind nahezu alle Geschäfte, Cafés und Restaurants in Chalon-sur-Saône geschlossen (wie in vielen anderen französischen Ortschaften auch)!

* Website auf Französisch; Informationen zum Canal du Centre auf Deutsch z. B. unter Wikipedia: Canal du centre (Frankreich).

Exponat im Musée Nicéphore Niépce | Foto: Hermann Lehna

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