Charleville-Mézières mit viel Charme, Arthur Rimbaud und Puppenspiel

Die Doppelstadt Charleville-Mézières liegt in den Ardennen, nicht weit entfernt von der französisch-belgischen Grenze im Tal der Maas – la Meuse. Charleville-Mézières bietet mindestens doppelten Charme: Mézières mit seinen Art déco-Bauten, Charleville mit seinem mächtigen Arkaden-Platz, fast wie in Paris. Bekannt ist die Doppelstadt auch für den Dichter Rimbaud und das Puppenspiel mit dem Institut international de la marionnette und seiner Riesenmarionette. Wir empfehlen, das Tal der Maas mit dem Fahrrad zu erkunden und auch einen Besuch in der Trappisten-Brauerei Orval an der belgischen Grenze zu unternehmen.

1606: die neue Stadt Charleville im Schachbrettmuster

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Der Monumentalbrunnen mit der Statue des Gründers von Charleville: Charles de Gonzague, mittlerweile platziert in der Rue Pierre Bérégovoy (am Eingang der Fußgängerzone) | Foto: Britta Lehna

Das Jahr 1606 beschert der alteingesessenen Handels- und Festungsstadt Mézières an der Maas in unmittelbarer Nähe eine scharfe Konkurrenz. Charles Ier de Gonzague (1580 Paris – 1637 Mantua) gründet den Neuling Charles-Ville am 6. Mai.

Zwei Jahre später erhebt Charles die neue Siedlung mit ihrem regelmäßigen Schachbrett-Grundriss zur Residenzstadt seines unabhängigen Fürstentums Arches. 1627 stirbt in Mantua die Linie der Gonzaga aus. Charles reist dorthin, wird 1631 Herzog in Mantua und wird nie mehr in Charleville gesehen. Sein Palast an der zentralen Place ducale (herzoglicher Platz), heute Mairie (Bürgermeisteramt) der Doppelstadt, bleibt unvollendet.

Die beiden konkurrierenden Städte schließen sich erst 1966 zu Charleville-Mézières zusammen und haben insgesamt ca. 47.000 Einwohner. Das Hôtel de ville (Rathaus) befindet sich im Stadtteil Mézières. Es ist ein historisierender Art déco-Bau. Er wurde 1928 bis 1931 errichtet, nach der Zerstörung des Stadtviertels durch Bombardierungen gegen Ende des 1. Weltkriegs.

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Das imposante Hôtel de Ville im Stadtteil Mézières | Foto: Hermann Lehna
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Art-déco an der Place de l’Hôtel de Ville in Mézières | Foto: Britta Lehna

Im besetzten Charleville-Mézières war 1914-1916 zeitweise das Hauptquartier der deutschen Streitkräfte ansässig (in der heutigen Präfektur). Kaiser Wilhelm II. residierte hier. Nach dem Weltkrieg unterstützte die britische Stadt Manchester Charleville-Mézières beim Wiederaufbau, der großzügig und vielerorts in Formen des Art déco erfolgte. Dies gab der Stadt ihr besonderes Erscheinungsbild.

In Mézières: die Basilika Notre-Dame d’Espérance mit leuchtenden Glasfenstern

Ein bemerkenswertes Gotteshaus im Stadtteil Mézières ist die Basilika Notre-Dame d’Espérance. Sie wurde mit etlichen Unterbrechungen im spätgotischen Stil (einige Bauteile in Renaissanceformen) von 1499 bis 1682 erbaut. Sie erlitt immer wieder Beschädigungen durch Beschuss in Kriegen, die diese Gegend heimsuchten.

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Im Chor der Basilique Notre-Dame in Charleville-Mézières | Foto: Britta Lehna
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Vor dem Querschiff der Basilique in Mézières mit dem Ehrenportal der Hochzeit des Königs Charles IX mit Elisabeth von Österreich | Foto: Eric Mathieu

Im Jahre 1570 heiratete in dieser Kirche Elisabeth von Österreich, Tochter des Kaisers Maximilian II., den jungen französischen König Charles IX (1550-1574). Dieser spielte in den brutalen Auseinandersetzungen zwischen Katholiken und Protestanten (u.a. der Bartholomäusnacht 1572, Massaker an den Protestanten) eine unselige Rolle und verstarb im Alter von 23 Jahren.

Ein einzigartiger Schatz in der Basilika ist das Ensemble von Glasfenstern mit einer Gesamtfläche von 1000 m2. Es wurde nach Entwürfen des Malers Réné Dürrbach (1911-1999) gestaltet. Französische Werkstätten stellten die Glasfenster zwischen 1954 und 1979 her. Diese Fenster tauchen den steilen Kirchenraum in ein faszinierendes farbiges Licht. Die Gestaltung ist nahezu abstrakt. Das Fenster „La Jérusalem céleste“ – das himmlische Jerusalem, zum Beispiel, orientiert sich an der Zahlen- und Formmystik im biblischen Text der Apokalypse (Offb 21,11–27): „Auf jeder der vier Seiten existieren jeweils drei Stadttore innerhalb der Stadtmauer, auf denen wiederum insgesamt zwölf Engel stehen … .“

In Charleville: Place ducale und Vieux Moulin

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Auf der Place ducale in Charleville, die von gleichförmigen Häusern über Arkadengängen gesäumt ist. | Foto: Eric Mathieu

Im Zentrum der neuen Stadt des Charles de Gonzague liegt die rechteckige Place ducale, die von Häusern mit einheitlichen Fassaden und Arkaden umgeben ist. Dieser belebte Platz ist sozusagen eine Zweitausgabe der Place des Vosges im Marais-Viertel in Paris, allerdings ohne Grünanlage (vgl. https://structurae.net/de/bauwerke/place-des-vosges). Stattdessen bietet die Place ducale eine große gepflasterte Freifläche mit einem Brunnen im Mittelpunkt. Dieser steht hier seit 1999 und orientiert sich formal an dem ursprünglichen aus dem 17. Jahrhundert. Der hier errichtete Monumentalbrunnen mit der Bronzestatue des Stadtgründers Charles de Gonzague (siehe Foto oben) ist mittlerweile an anderer Stelle in Charleville aufgebaut.

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In der Rue du Moulin, zwischen Hausnummern 33 und 35, liest man die Inschrift: „Fondé par Ste. Menehould …“

Verschiedene Städte in der Champagne waren von Charles de Gonzague dazu aufgerufen, sich an der Entwicklung seiner Stadtgründung zu beteiligen; hier wird Sainte Menehould erwähnt. Typisch ist der gemeisame Hauszugang über einen Korridor zwischen den beiden Gebäuden. | Foto: Hermann Lehna

Die an der Place ducale abzweigende Rue du Moulin hieß ursprünglich Rue Sainte-Cathérine. Sie war mit ihren Häusern die erste weitgehend fertiggestellte in Charleville. Sie führt achsial auf eine Fassade zu, die mit ihrem haushohen Tempelportikus über einer Freitreppe Eindruck erwecken will. Tatsächlich handelt es sich um die in den 1620er Jahren errichtete Kornmühle: Le vieux moulin. Das wuchtige Gebäude erhebt sich auf einer zweibogigen Brücke über einem Arm der Maas. Es beherbergt heute das Musée Arthur Rimbaud.

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Der Vieux Moulin in Charleville präsentiert seine Schauseite mit vorgelegten ionischen Säulen in Richtung der Place ducale. | Foto: Britta Lehna

Erinnerung an Arthur Rimbaud

Der berühmte Dichter Arthur Rimbaud ist 1854 in Charleville geboren und 1891 in Marseille gestorben. Seine Grabstätte befindet sich auf dem Friedhof von Charleville-Mézières. Zeitlebens zog es ihn woanders hin, ins „Ailleurs“, so auch nach Java und Afrika. Sein literarisches Werk schuf er innerhalb von fünf Jahren.

In der einst von ihm ungeliebten Stadt gibt es mittlerweile mindestens vier Stätten, die ausdrücklich mit Rimbaud in Verbindung stehen:

1. Das Musée Arthur Rimbaud
im Vieux Moulin, Quai Rimbaud, Charleville-Mézières
https://musee-arthurrimbaud.fr/,
seit 2015 mit neuer Museumskonzeption.

2. Schräg gegenüber vom Vieux Moulin
die Maison des Ailleurs, Quai Rimbaud 7, Charleville-Mézières
https://www.charleville-mezieres.fr/maison-des-ailleurs.
Hier mietete die Familie Rimbaud 1869 bis 1875 eine Wohnung. Der junge Arthur hat in diesen Mauern von seinem 15. bis 21. Lebensjahr gewohnt. Das Innere des Gebäudes ist als poetischer Erlebnisraum gestaltet: Ailleurs – woanders.

3. Der Parcours Rimbaud, ein Rundweg in der Stadt (seit 2015) mit großformatigen Wandgemälden zu Texten von Rimbaud: https://www.charleville-mezieres.fr/le-parcours-rimbaud

4. Die Buchhandlung „Rimbaud: Librairie-Papeterie“, Rue de la République 26, Charleville-Mézières: mit großer Auswahl, u. a. zu Rimbaud und zur Region.
http://www.rimbaud-librairie.fr/

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Die Buchhandlung Rimbaud in der Fußgängerzone von Charleville | Foto: Britta Lehna

Hauptstadt des Puppenspiels

In einer anderen Kunstgattung, dem Marionettentheater, behauptet Charleville-Mézières seine Weltgeltung mit dem

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Der Grand Marionnettiste an der Place W. Churchill in Charleville ist eine große theatralische Automaten-Uhr, eingesetzt in eine alte Fassade aus den ortstypischen Bestandteilen Haustein, Backstein, Dachschiefer. | Foto: Hermann Lehna
  • Institut international de la marionnette, Place Winston Churchill, Charleville-Mézières: Seit 1991 zeigt hier der „Grand Marionnettiste“ des Künstlers Jacques Monestier die Uhrzeit an. Er ist eine riesige figürliche Automaten-Uhr, ein Jacquemart der Marionette.

Info Charleville-Mézières

Tourismus-Büro
Place ducale 24, Charleville-Mézières
https://www.charleville-sedan-tourisme.fr/
und https://www.charleville-mezieres.fr/infrastructures-touristiques (städtische Website)

Erwähnenswert auch das
Musée de l’Ardenne
Place ducale 31, Charleville-Mézières
https://fr.wikipedia.org/wiki/Mus%C3%A9e_de_l’Ardenne
u.a. mit der Apotheke (Mobiliar, Keramikgefäße) des Hôtel-Dieu von 1756; mit dem Stadtmodell von Mézières.

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Ein Schaufenster an der Place ducale in Charleville weist auf das Musée de l’Ardenne hin. | Foto: Britta Lehna
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Die Maas und ihre Ufer, aufgenommen auf der Fußgängerbrücke, die vom Stadtzentrum Charleville zum Park Mont Olympe führt. | Foto: Hermann Lehna

Anfügen möchten wir zwei Tipps zu Zielen in der näheren und ferneren Umgebung von Charleville-Mézières:

Tipp 1: Fahrradpiste am Ufer der Maas

Am Fluss entlang, von Charleville-Mézières ins grenznahe Givet und dann weiter ins belgische Dinant, führt die Fahrradstrecke Voie verte Trans-Ardennes.

Sie ist ein Abschnitt der Fahrradstrecke EuroVelo 19, die die Maas von der Quelle bei Langres bis zur Mündung in die Nordsee bei Rotterdam begleitet. Nördlich von Charleville-Mézières folgt die Strecke den Schleifen des Flusses bei seinem malerischen Durchbruch durch das Mittelgebirge, die Ardennen. Nicht zu übersehen ist das Kernkraftwerk Chooz. Hinter der Festungsstadt Givet (hier ein Foto mit Maas-Quai und Festung Charlemont), dem letzten französischen Ort, führt die Piste weiter im Netz der belgischen RAVeL-Fahrradwege. Der Maasradweg passiert dann u.a. das Schloss Schloss Freyr mit seinen geometrischen Gärten und erreicht die sehenswerte Stadt Dinant.

Tipp 2: Orval – Abtei und Bier

Getränkekarten in Frankreich listen häufig das Trappisten-Bier aus Orval. Warum nicht einmal auf dem Weg von Deutschland in Richtung Charleville-Mézières die Abbaye d’Orval besuchen?

Die Abtei liegt westlich von Arlon in einem Waldgebiet unmittelbar an der Grenze, auf belgischer Seite. Ihre Geschichte reicht bis ins 11. Jahrhundert zurück. Die älteren Gebäude sind seit den Zerstörungen im Verlauf der Revolutionskriege zu Ende des 18. Jahrhunderts als Ruinen erhalten. Sie können zusammen mit dem Kloster-Museum besichtigt werden.

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Die Abtei von Orval: gesehen von außerhalb des Klosterbezirks. | Fotos: Hermann Lehna

Die jetzigen Bauten, errichtet von 1929 bis 1948, entwarf der belgische Architekt Henry Vaes in einem originellen neuromanisch-modernen Stilgemisch. Der ausgedehnte Baukomplex beherbergt Kirche und Kloster der Trappistenmönche, die Käserei und die Brauerei (Orval – une bière trappiste), ein Gästehaus und den Klosterladen. Nahe bei der Abtei befindet sich die Kloster-Gaststätte „A l’Ange Gardien“ – zum Schutzengel. Vom Architekten Vaes stammt auch das Design der Orval-Bier-Flasche und des unverwechselbaren Bierglases.

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Blick von der Gaststätte „A l’Ange Gardien“ auf die Türme der Abtei Orval. | Foto: Hermann Lehna

Der nahegelegene Teich der ehemaligen Schmiede/Gießerei von Orval zeugt noch von der bedeutenden Metallverarbeitung, die das Kloster seit dem 16. Jahrhundert betrieb.

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Am großen Klosterteich von Orval | Foto: Hermann Lehna

Website der Abtei Orval: https://www.orval.be/de/

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Fassadendetail in Charleville-Mézières, Stadtteil Mézières, Rue Monge | Foto: Hermann Lehna
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