Die größte Stadt an der Alabasterküste zählt rund 30.000 Einwohner. Sie liegt dort, wo der Fluss Arques in den Ärmelkanal mündet und eine Einfahrt für den See- und Fischereihafen bildet. Im 16. und 17. Jahrhundert war Dieppe ein bedeutender Ausgangspunkt für französische Überseefahrten. Später, im Jahr 1817, brachte hier die Herzogin von Berry das Baden in Mode. Als 1848 die Eisenbahnstrecke von Paris nach Dieppe eröffnet wurde, nahm der Badeort richtig Aufschwung. Die Gäste kamen auch mit den Fähren von Newhaven über den Ärmelkanal. Das ist bis heute so geblieben.
In der Saison füllt sich Dieppe mit Gästen. Ein mondäner Badeort wie etwa Deauville ist Dieppe nicht mehr, statt Chic ist eher rauer Charme zu sehen. Aber eine lebendige Hafenstadt ist Dieppe, in der das Bummeln und Schlemmen Spaß macht, das Baden sowieso.
Baden im Meer und in Les Bains de Dieppe
An der Strandpromenade reihen sich die Cabines (Badekabinen) in langer Schlange. Wer keine Lust hat auf Wellengang und Kieselsteine, geht einfach auf die Seite stadteinwärts von der Uferpromenade. Hier gibt es den Bäder- und Spakomplex „Les Bains de Dieppe“. Das große Schwimmbecken wird mit Meerwasser gespeist. Man kann richtig lange Bahnen ziehen. Und egal, wie grau der Himmel sein sollte, das Becken leuchtet knallblau.
Les Bains de Dieppe:
Boulevard de Verdun 101, Dieppe
www.lesbainsdedieppe.fr
Château-Musée Dieppe
Hoch über der Stadt und dem Badevergnügen thront im Westen das Château de Dieppe auf einer Klippe. Von hier aus gibt es einen tollen Blick über die Stadt. Das Chateau de Dieppe ist eine ab dem 14. Jahrhundert erbaute Burg mit mächtigen Ecktürmen. Früher bewachte sie die Stadt, heute beherbergt sie ein Museum: Die Spezialität ist eine Sammlung von Elfenbeinarbeiten. Seeleute brachten einst das Material von der Elfenbeinküste mit. Daraus wurden in Dieppe Rahmen, Schiffsminiaturen oder Tabak- und Schmuckdosen geschnitzt. Außerdem sind hier Gemälde, u.a. der Impressionisten zu sehen. Dieppe hat viel Künstler angezogen, die den Hafen und das Strandleben gemalt haben!
Château-Musée Dieppe:
Rue de Chastes, Dieppe
https://www.dieppe.fr/mini-sites/musee-de-dieppe
In der City von Dieppe
Als letztes mittelalterliches Stadttor von ehemals sieben ist die Porte des Tourelles am Strandboulevard erhalten. Durch das Tor hindurch führt der Weg zur Kirche St. Rémy, einer spannenden Stilmischung von Gotik bis Barock. Leider ist sie recht bröselig und wird nun renoviert. Sehenswert ist das Viertel ringsherum, weil hier viele Trödel- und Antiquitätengeschäfte zu finden sind. Alternative Cafés gibt es auch, wie das Café La Potinière (s.u. Tipps).
Von hier ist die Einkaufsmeile Grande Rue/Rue de la Barre nicht weit.
Die gotische Kirche St. Jacques liegt auf einem Zuweg zum Pilgerweg nach Santiago de Compostela. Eine Seitenkapelle ist Jehan Ango beziehungsweise Jean Ango (Dieppe, 1481 – 1551) gewidmet. Er war ein bedeutender normannischer Reeder und Geschäftsmann (auch Korsar), der zahlreiche Reisen nach Südamerika finanzierte. Bei Varengeville, nicht weit von Dieppe, baute er sich ein prächtiges Landschloss, das Manoir d’Ango.
In St. Jacques, Dieppe, Seitenkapelle St. Yves des Jean Ango. Oben links die Gedenktafel: „Im Gedenken an Jean Ango, Reeder, Vicomte von Dieppe, Wohltäter dieser Kirche, bestattet 1551 in der Kapelle St. Yves, betet für ihn.“ Oben rechts: dieselbe Seitenkapelle, Renaissance-Ornamentik | Fotos: Hermann Lehna
Der Apostel Jakobus wacht unterhalb der Fensterrose von St. Jacques über das Hauptportal. | Fotos: Hermann Lehna
Am Samstag ist großer Markt in Dieppe, rund um die Kirche St. Jacques. Hier gibt es alles: Melonen neben Mickey-Mouse-Shirts, Käse neben Kleidern, Schuhe, Matratzen sowie Obst und Gemüse. Alles herrlich gemischt!
Am Hafen von Dieppe
Weiter zum Hafen: Die Quais Duquesne und Henri IV sind die Flaniermeilen von Dieppe. Barockfassaden erzählen von der Glanzzeit des Hafens im 17. und 18. Jahrhundert.
Wer die Häuserfronten am Hafen aufmerksam betrachtet, wird auch die kleine Gedenktafel für Louise Michel entdecken.
Diese französische Revolutionärin und Lehrerin (1830 – 1905) wurde in die Verbannung geschickt: nach Neukaledonien, einer Inselgruppe im südlichen Pazifik. Das hat sie aber nicht von ihren politischen Überzeugungen zu Freiheit und Gleichheit abgebracht. Sie kehrte 1880 über Dieppe nach Frankreich zurück.
Über zwei Brücken zur nächsten Klippe
Über die Klapp-Brücke Pont Jehan Ango und am neuen Glasbau des Office de Tourisme vorbei geht es auf die Halbinsel Le Pollet mit der großen Fischhalle, Halle aux Poissons.
Und weiter über die Drehbrücke Pont Colbert gelangt man in das Fischerviertel im Osten der Stadt.
Jetzt noch die Treppen und steilen Gassen zur Fischerkapelle Notre Dame de Bonsecours erklimmen, schon hat man von der Klippe aus einen wunderbaren Blick auf den Hafen von Dieppe!
Kanada und Dieppe
Eine lange Geschichte verbindet Dieppe mit Kanada. Vor 500 Jahren schon waren normannische Fischer aus Dieppe bis an die Ostküste Kanadas gesegelt, um Kabeljau zu fangen. Im Jahr 1604 gründeten die ersten französischen Siedler die Kolonie Acadie rund um den St.-Lorenz-Golf. Vier Jahre später gründete der Forschungsreisende Samuel de Champlain weiter landeinwärts die Stadt Québec. Dieppe war ein Hafen für die Auswanderer.
Les Filles du Roy
1663 wurde Neufrankreich, bislang durch Handelsgesellschaften kontrolliert, unter die Herrschaft Ludwigs XIV. gegeben. Dieser beschloss eine neue Siedlungsstrategie: Er bezahlte fast 800 Frauen dafür, als staatlich geförderte Bräute nach Neufrankreich zu reisen.
Die Filles du Roy, die „Töchter des Königs“, wurden auf Kosten der Krone rekrutiert und zwischen 1663 und 1673 nach Neufrankreich geschickt. Es waren arme Frauen im Alter zwischen 16 und 40 Jahren. Zusätzlich zu ihrer Passage erhielten sie eine Aussteuer. Die meisten von ihnen verließen Frankreich über den Hafen von Dieppe.
Der Auftrag der Filles du Roy war, zu heiraten, möglichst viele Kinder zu gebären und so die Bevölkerung in Neufrankreich zu vergrößern. Die Kolonie „Neufrankreich“ hatte bis 1763 Bestand, bis sie britisch wurde. Viele Frankokanadier können sich heute auf eine Fille du Roy als Ahnin berufen. Eine Tafel an der Porte des Tourelles erinnert in Dieppe an die mutigen Bräute.
Weitere Informationen auf kanadischen Websites:
https://fillesduroy.com/ – kulturtouristisch
https://www.patrimoine-culturel.gouv.qc.ca/rpcq/detail.do?methode=consulter&id=26366&type=pge – ausführlich, wissenschaftlich
Opération Jubilee
Auch ein Kapitel der neueren Geschichte zeigt die Verbundenheit mit Kanada: Bei der Opération Jubilee versuchten am 19. August 1942 rund 6000 alliierte Soldaten (darunter 5000 Kanadier) vergeblich, mit Booten an der Küste bei Dieppe zu landen.
Eine kanadische Division war dabei, als Dieppe am 1. September 1944 durch die Landung der Alliierten schließlich von der deutschen Besatzung befreit wurde.
Tipps: Genießen in Dieppe
Lecker sind die Fischgerichte, die man rund um den Hafen genießen kann. Spezialitäten: Jakobsmuscheln und Fish-and-Chips.
Le Bar O Mètre
Ganz am westlichen Ende der Strandpromenade, am Fuße des Steilufers!
Rue Alexandre Dumas 51, Dieppe (von April bis September)
Café/Bar La Potinière
Kleiner Platz hinter der Kirche St. Rémy, mit mediterraner-libanesischer Küche und Blick auf Street Art.
Rue du 19 Aôut 1942 Nr. 18, Dieppe
Bistrot Chez Polette:
Große Bierauswahl, Fish-and-Chips und Garnelen im Angebot.
Quai du Carénage, Dieppe (Halbinsel Le Pollet)
Tourismusbüro Dieppe
Pont Jehan Ango, Dieppe
https://www.dieppetourisme.com/